Ich glaube, ich tue dir heute keinen Gefallen.
Sie
kam heute früher von der Arbeit nach Hause und hat noch frische
Lebensmittel mitgebracht, die ich vergessen hatte einzukaufen. Sie
kam durch die Tür mit zwei dieser gepunkteten Einkaufsbeutel, warf
mir einen Blick zu, der sagt: kannst du mir vielleicht mal helfen?
und kam dann in die Küche geschlürft. Ich stand nur da, mit meinem
Glas in der Hand und habe nichts gemacht. Ich stand auch noch da, als
sie die Mortadella in den Kühlschrank räumte und die Milch, die
Eier, den Apfelsaft, ein Stück Käse, den ich so gerne mag. Und dann
setzte sie sich auf die Couch, stöhnte einmal, legte den Kopf nach
hinten und sagte: „Was für ein Tag.“ Sie
hat immer so kleine Locken über den Ohren, wenn sie erschöpft nach
Hause kommt. Sie sind heller als ihr restliches Haar. Sie strich sich
über die Oberschenkel, stand auf und kam zu mir herüber. „Ich
glaube, ich tue dir heute keinen Gefallen.“, sagte sie dann, „Ich
gehe sofort ins Bett. Ich bin total fertig.“ Ich ging rüber
zur Couch, setzte mich hin und schaltete den Fernseher ein. Ich hörte
ihre nackten Füße auf dem Badezimmerboden, das rhythmische Rauschen
ihrer Zahnbürste. Sie rief irgendwas mit der Bürste im Mund, das
ich nicht verstehen konnte. Es lief eine Dokumentation über den
ersten Weltkrieg, die Stellungskämpfe in den Dolomiten. Wochenlang
bewegte sich dort gar nichts, bis tatsächlich dieser eine Berg
gesprengt wurde. Ich legte die Füße auf den Couchtisch, grub mich
in die Kissen ein und hörte, wie die Schlafzimmertür ins Schloss
fiel. Ich schaltete den Fernseher auf stumm. Dann war es ganz leise
in der Wohnung. Ich hörte nur meinen eigenen Atem und das leise
Summen des Kühlschranks in der Küche. Nur er und ich. Die
Dokumentation läuft noch. Die Arditi werden gezeigt, eine
Spezialeinheit des italienischen Heeres. Ich höre nichts, aber ich
erkenne sie an ihrer Körperpanzerung. Ich glaube ich habe diese
Dokumentation schon einmal gesehen. Auf jeden Fall sind es diese
mutigen Männer, die sich unentdeckt hinter die Feindeslinie gekämpft
hatten, um die deutschen Stellungen zu flankieren. Diese Operationen
nannten sie
Schockeinsätze.
Gar nichts hat sich dort getan, in den Dolomiten, nicht einmal die
Schockeinsätze konnten etwas daran ändern.
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